Alltgasgedanken

Eine Minute mit Gott

Ich glaube, dass Gott uns nicht nur in der Kirche begegnet. Im Gegenteil finde ich ihn viel öfter im Alltag, z. B. auf einem Spaziergang, in einer Krisensituation oder in größter Freude. Und manchmal, wenn ich einen biblischen Text höre, entdecke ich darin unvermutet einen Anknüpfungspunkt an meine eigene Lebenswirklichkeit. Einige dieser spontanen Gedanken habe ich aufgeschrieben und möchte ich hier mit

Euch teilen.

Viel Spaß beim Nachlesen!

Eure Ina Frosch

Eine Minute mit Gott – Texte von Ina Frosch

Herr, ich bin dankbar für die Geschenke meines Lebens

Herr, ich bin dankbar für die Geschenke meines Lebens


Dankbar für die Liebe!

Die Liebe meines Mannes, meiner Eltern, meiner Schwester


Dankbar für die Arbeit!

Die Arbeit, die mir Freude bereitet und mich ernährt, in der ich nette Kollegen und freundliche Chefs habe, in der ich meine Fähigkeiten einbringen und Sinn stiften kann


Dankbar für die Gesundheit!

Die Gesundheit, die manchmal durch einen Schnupfen oder einen Husten getrübt wird und die doch frei von chronischen und lebensbedrohlichen Krankheiten ist, die mir unglaublich kostbar ist.


Du schenkst mir mein Leben und alles, was ich habe. Ich danke Dir dafür!

Wer wäre Jesus heute?

Wie wäre Jesus in unserer heutigen Zeit? Wäre er eher ein Prediger oder gar eine Predigerin? Wie würde er zu uns predigen? Durch Fernsehen und Radio? Oder durch soziale Medien wie Facebook, YouTube, Instagram?

Wie wären seine Gleichnisse? Einige lassen sich leicht in die heutige Zeit übersetzen, wie z.B. der verlorene Sohn, aber was ist mit den Texten über das Säen u0nd die Samenkörner? Würde er immer noch über Kamel und Nadelöhr sprechen oder würde er vielleicht eher ein Elefanten und ein Schlüsselloch verwenden?

Und wo käme er her? Aus einem Kriegsgebiet in Syrien, wahrscheinlich. Oder vielleicht aus den Slums einer der Weltmächte, aus China oder den USA? Von dort, wo die Armut von Bildern der Reichen verdeckt und doch vorhanden ist?

Wen würde er um sich versammeln, Christen, Juden, Muslime? Oder eher Atheisten und Menschen, deren Verzweiflung zu groß ist für einen Glauben?

Wie würde seine Heilung aussehen, wie die eines Psychologen oder eines Personal Coachs? Oder würde er gar Krebs und MS heilen und andere Krankheiten, für die wir Menschen bisher keine Heilung kennen?


Und dann? Würden wir ihn ausliefern und töten wie zu seiner Zeit? Würde ich auf seiner Seite stehen, würde ich den Mut haben, für ihn einzutreten, gegen seinen Tod zu kämpfen, sein Leben zu bezeugen?

Oder würde ich womöglich auf der Seite der Hohepriester stehen? Bei denen, die seine Kreuzigung fordern oder bei denen, die wegsehen?

Ich wünsche mir, dass ich mutig wäre und gegen die Ungerechtigkeit einstehen würde, wie ich es gelernt habe und wie es meine tiefe Überzeugung verlangt.

Und doch frage ich mich vor allem, ob er nicht einfach untergehen würde in der Flut von Informationen, der wir jeden Tag ausgesetzt sind, zwischen Trickbetrügern und Zauberern, Schwindlern und Scharlatanen. Bei all den Unterhaltungsangeboten und dem Medienrummel hätten wir die Klarsicht, Jesus zu erkennen? Jetzt und heute, würden wir ihn bemerken?

Toter Punkt oder eine Chance auf Neuanfang?

Das Rücktrittsangebot von Kardinal Marx beschäftigt in diesen Tagen Christen überall in Deutschland. In Anlehnung an den Jesuitenpater Alfred Delp spricht er von dem „toten Punkt“, an dem wir in der katholischen Kirche angekommen sind. Delp schreibt: „Die christliche Idee ist keine der führenden und gestaltenden Ideen dieses Jahrhunderts. Immer noch liegt der ausgeplünderte Mensch am Wege“ (Band IV S. 321 der gesammelten Schriften).


In meiner Gemeinde wurden wir nach unserem Eindruck von einem toten Punkt gefragt. Folgende Fragen stellte man uns: „Was ist Dein nächster Schritt, dem ausgeplünderten Menschen am Wegesrand beizustehen?“

„Wer ist für Dich der ausgeplünderte Mensch am Wegrand?“


Ich habe lange über diese Fragen nachgedacht und dabei so deutlich wie nie zuvor erkannt, was für mich der tote Punkt in der katholischen Kirche ist.

„Was kannst ich für andere tun? Wo sehe ich Menschen in der Not?“

Eine legitime Frage, die in der Kirche über die Jahrhunderte immer wieder gestellt wurde, leider oft verbunden mit Schuldgefühlen, die den Gläubigen eingeredet wurden.

Statt mich für meine christlichen Taten zu rechtfertigen wage ich mal was Neues und antworte mit einer Gegenfrage: Was tut die Kirche für mich? Wo sieht sie meine Not?


Der Glaube Jesu ist der Glaube der Nächstenliebe und der Hilfsbereitschaft, aber auch der Glaube des lebendigen Wassers, die frohe Botschaft und eine Gemeinschaft, in der jeder geliebt wird.

Nur – wo war diese Gemeinschaft in den letzten Jahren als ich immer wieder mit Mobbing am Arbeitsplatz zu tun hatte und immer wieder neu anfangen musste? Wo war sie bei meinem Autounfall, meiner Fehlgeburt?


Meinen Glauben habe ich immer bei mir, in schweren Zeiten fühle ich seinen Trost und finde Halt im Gebet.

Leider habe ich diesen Trost und die Zuwendung nicht in der Kirche erfahren, wie mir klar wird.

Das zeigt sich auch im Ankommen an einem neuen Lebensort. Mehrere Umzüge habe ich in den letzten Jahrenerlebt. Immer wieder eine neue Stadt, eine neue Kirche. Immer wieder ging ich jeden Sonntag in die Kirche vor Ort, traf neue Pfarrer und Pastoralkräfte, neue Gläubige, die mir manchmal sogar zulächelten, wenn sie mich nach ein paar Wochen erkannten.

Nie, nicht in einer einzigen Stadt, bin ich von einem Mitarbeiter der Kirche oder einem ehrenamtlich Engagierten angesprochen und willkommen geheißen worden. Ich blieb anonym und nach ein paar Monaten oder Jahren, wenn mein Leben erneut in die Brüche gegangen war oder ich aus anderen Gründen wieder umzog, verschwand ich wieder aus der Gemeinde, ohne, dass mich jemand vermisst hätte.


Ein Leben in Nächstenliebe ist gut und wichtig. Es ist wichtig, die Armen und Bedürftigen zu sehen und für sie ein christliches Werk zu tun. Und doch drängt sich mir der Gedanke auf, dass wir manchmal die Nächsten, also die Gläubigen in der Kirche, übersehen.


Wer jetzt noch glaubt, in einer Zeit, in der es keinen Kirchenzwang und keine wahrgenommene Sonntagspflicht mehr gibt, der tut das aus Überzeugung. Nur wer an einem christlichen Leben interessiert ist, verzichtet darauf, Sonntags auszuschlafen und lässt sich wegen seiner Kirchenzugehörigkeit schief angucken.

Braucht es da wirklich noch ständige Ermahnungen und Verhaltensanweisungen? Oder brauchen wir nicht eher eine Gemeinschaft, die zuhört und ihren Blick auch mal auf die Gläubigen der Gemeinde richtet und siewahrnimmt?


Kardinal Marx hat auch gesagt, dass er die frohe Botschaft (wieder mehr) zu den Menschen bringen will.

Wie sehr sehne ich mich nach der Kirche meiner Kindheit, in der ich die frohe Botschaft in Gottesdiensten fand, die ein Fest waren, und nach einer Gemeinschaft, die ein Ort der Freude und der Begegnung war! Wie sehr wünsche ich mir für meine eigenen Kinder, dass wir den toten Punkt überwinden und zurück finden zu einer Kirche, in der Gemeinschaft und Nächstenliebe gelebt werden!

Das ist ein Schritt, den ich mit Freuden mitgehen und bei dem ich mich von ganzem Herzen einbringen möchte. Denn dann ist Kirche etwas ganz Wundervolles und Lebendiges!


Herzliche Grüße

Ina Frosch